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Diketmüller, R. (2010). Pausenhöfe als Bewegungsorte für Mädchen und Jungen gestalten. Sportpädagogik [Themenheft: Mädchen im Sportunterricht], 26-29.

Mädchen nutzen öffentliche Räume in anderer Weise als Jungen. Viele Studien aus der Raum- und Genderforschung belegen, dass Mädchen im öffentlichen Raum weniger sichtbar sind, spezifische Orte meiden und den vorhandenen Raum weniger in bewegter und sportlicher Art und Weise nutzen. Auch in den schulischen Frei-/Räumen verhalten sich Mädchen und Jungen vielfach „geschlechterrollenkonform“ und gehen in den Pausen z.T. unterschiedlichen Bewegungsformen nach. Mit zunehmendem Alter nehmen großflächigere Bewegungs- und Sportaktivitäten der Mädchen im Schulhof massiv ab, Jungen bleiben hingegen vergleichsweise bewegungsaktiver, zumindest nützen Jungen(gruppen) vorhandene Schulfreiflächen raumgreifender für Bewegung und Sport. Die Räume werden mit unterschiedlichen Tätigkeiten und in unterschiedlichem Ausmaß genutzt. Die vorgefundenen Geschlechterunterschiede im Pausenhof haben sich in den letzten 20 Jahren nicht maßgeblich verändert. Nach Lorber sind Geschlechterverhältnisse nicht nur im individuellen Verhalten eingeschrieben, sondern auch institutionell verankert: durch die Art und Weise, wie an der Schule über Räume und deren Nutzung „verhandelt“ wird: wer nützt welche Flächen, welche Geräte, welche Ausstattung; wem wird wann das Volleyballfeld, das Fußballfeld, die Tischtennistische, die Sitzecke etc. zugestanden; wie die Pausenhofnutzung von den Mädchen, den Jungen, den Lehrpersonen und der Schulleitung gesehen und erklärt wird („Jungen brauchen mehr Platz zum Fußballspielen“, „Mädchen wollen lieber auf den Bänken sitzen“, …) und welche Konsequenzen man aus diesen Erklärungen zieht (welche Verhaltensweisen werden sanktioniert/missbilligt, wessen Raumwünsche werden verstanden/erfüllt, …). Der Schulhof ist jedoch nicht nur für SchülerInnen zu einem wichtigen Lernort in der Auseinandersetzung um Geschlechterverhältnisse, sondern stellt auch für das Lehrkollegium ein Lehrstück für den Umgang mit Genderfragen an der Schule dar. Dabei sind räumliche und Ausstattungsfragen genauso wie pädagogische Aspekte zu berücksichtigen. Entscheidend dabei ist aber, wie die Lehrerkräfte selbst Nutzung und Bewegungsaktivitäten der Mädchen und Jungen sehen, sie erklären, welche Konsequenzen sie daraus für ihre Einflussnahme ableiten und wie sie die Schulfreiräume gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern im Schulalltag ausgestalten.